WMS® – Das Weitenmaßsystem für Kinderschuhe – Sinvoll oder nicht?

WMS® – Das Weitenmaßsystem für Kinderschuhe – Sinvoll oder nicht?

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Immer wieder erzählen mir Eltern, dass sie extra darauf achten WMS® Schuhe zu kaufen. Wenn ich dann frage warum, kommt meist die gleiche Antwort: „Weil die Schuhe unterschiedlich breit sind und wir dann passende finden können.“

BREIT? Nein, das stimmt nicht so ganz! Im Folgenden versuche ich ein wenig Licht ins WMS-Dunkel zu bekommen…..

 

Was ist WMS®?

WMS® bedeutet Weitenmaßsystem. Es ist ein System, das seine Wurzeln in den 50er Jahren hat. Damals wurde ein Forschungsprojekt zur Vermessung von Kinderfüßen durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass viele Kinder nicht passende Schuhe trugen. Dies wurde 1965 durch weitere Fußmessungen bei Kindern bestätigt. Daraufhin entstand der “Arbeitskreis Kinderschuh”, der aufgrund der vorhandenen Messdaten Richtlinien zur einheitlichen Schuhkonstruktion erstellte. Dieses Mehr-Weiten-Angebot wurde 1974 in das heutige WMS® umbenannt (aus Orthopädieschuhtechnik 2010, 1. Auflage). Regelmäßig werden seitdem neue Studien zur Fußlänge, Fußweite und zur Schuhpassform durchgeführt, um gegebenenfalls Änderungen vorzunehmen.

Hinter WMS® steht das Deutsche Schuhinstitut (GmbH). WMS® hat eigene Fußmessgeräte. Diese Messgeräte ermitteln auf Grundlage von eigenen, erhobenen Studienergebnissen eine kombinierte Größe aus Fußlänge und Fußweite. Hierbei wird gleichzeitig eine Zugabe zum Wachsen und Abrollen der Füße berücksichtigt.

WMS® unterscheidet in drei Weiten:

W für „kräftige“ Füße

M für „mittlere“ Füße

S für „schmale“ Füße

Das Zertifikat WMS® können Schuhhersteller erwerben und verpflichten sich damit den WMS® Richtlinien. Die Schuhhersteller kommen mehrmals jährlich zu einem Arbeitskreis zusammen, um Entwicklungen und Veränderungen bei Kinderfüßen rechtzeitig zu erfassen und auf die Kinderschuhe übertragen zu können. Über allem steht der Gedanke, den Kindern passende und gute Schuhe zu bieten.

Folgende Hersteller sind aktuell (Dezember 2020) Lizenzträger: Filii®, Ricosta®, Lurchi®, Däumling®, Kangaroos®, Elefanten®

Das Ziel von WMS® ist es möglichst einheitliche, in Größe und Weite vergleichbare Schuhe unterschiedlicher Hersteller anzubieten. Mit den festen Richtlinien können industriell gefertigte Schuhe verschiedener Hersteller somit besser verglichen werden. Das soll den Käufern ermöglichen leichter passende Schuhe zu finden.

 

Kräftige, mittel und schmale Füße…. ?

Die Bezeichnung kräftig, mittel und schmal irritiert mich ein wenig. Denn kräftig bedeutet nicht gleich breit. Das WMS® meint mit seinen drei Unterteilungen die Weite der Schuhe/Füße. Unter Weite versteht WMS® eine Größenangabe für Füße und Schuhe, die sich auf den Umfang bezieht – hierfür wird am Fußballen gemessen. Es handelt sich nicht um die Vorfußbreite! Laut WMS® kann ein Fuß recht breit sein, aber wenn er flach ist, ist seine Weite nicht unbedingt größer (Quelle: Dt. Schuhinstitut WMS).

Ok, ich verstehe, „kräftig“ sollen die Füße sein, die einen größeren Umfang (am Ballen gemessen) haben als die anderen. Nun wäre es also gut zu wissen, was ich mache, wenn ich ein Kind mit recht breitem aber eher flachem Fuß habe. Das wäre dann ja kein „kräftiger“, sondern eher ein „mittlerer“ Fuß …? Muss ich dann einen Schuh mit der Unterteilung „W“ nehmen? Oder, da laut WMS® der Fuß ja nicht zwingend mehr Volumen hat, eher ein „M“? Aber was ist mit der unterschiedlichen Fußbreite bei Kinderfüßen? Wird die bei WMS® berücksichtigt?

Ich finde das gar nicht so einfach. WMS® empfiehlt das vom Schuhinstitut geschulte Personal im Fachgeschäft in Anspruch zu nehmen. Hier soll eine qualifizierte Beratung stattfinden. Nun gut, dass nehme ich erst einmal so hin.

 

Wird die anatomische Vorfußform berücksichtigt?

Was mich stört, ist die meist nicht berücksichtigte anatomische Vorfußform. Häufig ist der Schuh im Vorfußbereich symmetrisch/spitz zulaufend. Kein Fuß sieht so aus. Meist sind die ganz kleinen Schuhgrößen noch ausreichend breit und anatomisch im Vorfußbereich gestaltet (siehe als Beispiel: Ricostas Cory Gr. 20 weiter unten). Eine anatomische Zehenbox findet, meiner Meinung nach, keine ausreichende Beachtung bei WMS®. Leider sind die Richtlinien zur Erstellung eines WMS-Schuhs nicht öffentlich zugänglich. Meine Nachfrage (als Nicht-Lizenznehmerin) bei WMS® Einblick zu bekommen, wurde abgelehnt. Ich kann daher nur Vermutungen anstellen, was die genauen Vorgaben angeht.

WMS® ließ mich jedoch wissen, dass die Richtlinien Maße zu Länge, Weite, Spitzenhöhen (der Platz nach oben für die Großzehe) und Brandsohlenkonstruktion umfassen. Zudem behält WMS sich vor, zur Kontrolle der Einhaltung der Richtlinien, die Schuhe regelmäßig zu prüfen und im Schuhhandel zu kontrollieren.

 

Was ist mit der Fersensprengung?

Eines meiner Lieblingsthemen ist die Fersensprengung oder Fersenerhöhung in Schuhen. Sie wird häufig im oder am Schuh verarbeitet (Filii® verzichtet darauf). Warum „erlaubt“ WMS® seinen Lizenzpartner:innen das? Mittlerweile sollte bekannt sein, dass das „Schrägstehen“ auch auf kleinen „Absätzen“ negative Auswirkungen nicht nur auf die Fußstatik hat. Weiterführenden Gelenke bis hin zur Kopfhaltung können beeinträchtigt werden (mehr Infos HIER). Wenn der Fokus, wie auf der Homepage von WMS deutlich dargestellt, auf der Fußgesundheit der Kinder liegt, dann fände ich es sehr wichtig, dass die flache Sohle und die anatomische Zehenbox ebenfalls ein Kriterium von WMS® wären. 

Ricosta_Cory

 

Wie löst Ricosta® das WMS-System?

Da ich wissen wollte, wie WMS® konkret umgesetzt werden kann, hat mir Ricosta® drei Schuhpaare in Größe 20 in W, M und S desselben Modells (Cory) und derselben Größe zur Verfügung gestellt. Die Schuhe habe ich kostenfrei erhalten und habe sie nach meiner Recherche wieder zurückgesendet.

Ricosta® nutzt für drei Weiten 2 unterschiedliche Innensohlenmaße. Die Innensohlen für schmal und mittel sind in ihren Maßen identisch. Allerdings befindet sich unter der schmalen Innensohle eine ganzsohlige Pylotte (Schaumstoffsohle). Dadurch soll das Volumen im Schuh reduziert werden. Der Gedanke ist, dass durch die ganzsohlige Pylotte der schmale Fuß ein wenig höher steht und somit weniger Volumen im Schuh zur Verfügung steht.

Die Innensohle der Weite M (mittlere Füße) hat nur eine halbe Pylotte, die nur den Fersenbereich abdeckt. Dadurch soll mehr Volumen zur Verfügung stehen. Die Innensohle für kräftige Füße „W“ hat ebenfalls nur eine halbe Pylotte im Fersenbereich. Allerdings ist die W-Innensohle in ihren Maßen etwas breiter als die Innensohlen für schmale und mittlere Füße. Zudem ist die Brandsohle W eine andere. Der W-Schuh ist breiter und anders geschnitten als die Schuhe für schmale und mittlere Füße. Dieses Vorgehen führt Ricosta® bei allen WMS-Schuhen gleichermaßen durch, auch bei den größeren Schuhgrößen. Somit haben viele Ricosta®-Schuhe ein Fersenpolster, was ein gesunder Kinderfuß nicht braucht. Im Gegenteil, es kann schaden. Dazu gesellt sich dann leider noch bei vielen Schuhe von Ricosta eine Fersensprengung im Schuhaufbau, da der Leisten so aufgebaut ist. Schade!

 

Zusammenfassung

Finde ich WMS® nun sinnvoll? Wie schon erwähnt, den Grundgedanken von WMS, den Kindern passende und gute Schuhe zu bieten, die in ihrer Passform möglichst vergleichbar sind, trotz unterschiedlicher Hersteller, finde ich sehr gut. Das Deutsche Schuhinstitut führt regelmäßig Messungen an Kinderfüßen und Schuhen durch, um die Datenlage möglichst aktuell zu halten. Auch das finde ich gut.

Allerdings stimme ich nicht in allen Details überein. Ich fände es gut, wenn nicht nur das Maß und Volumen vergleichbar wäre, sondern wenn auch andere Kriterien für einen guten Kinderschuh Berücksichtigung finden würden. Für mich gehört zu einem guten Kinderschuh ebenfalls der Verzicht auf eine Fersensprengung. Der Schuh muss ganz flach sein. Zudem sollte die Zehenbox ausnahmslos anatomisch gestaltet sein. Außerdem muss die Sohle ein Höchstmaß an Flexibilität ermöglichen. Und auch das Obermaterial muss höchst flexibel und weich sein.

Ich würde mich freuen, wenn diese Kriterien ebenfalls bei WMS® Voraussetzung für die Lizenznehmer würden. Das könnte dazu führen, dass viele Kinder in Deutschland Schuhe tragen könnten, die die Entwicklung des gesunden Kinderfußes deutlich weniger negativ beeinflussen.

Aber, so gut ein konventioneller Schuh auch sein sollte, denke daran: Bewegung und Barfußlaufen ist für gesunde Kinderfüße immer noch das Beste!



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